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Alles dran

Die Crew ist complete. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Am Abend vor dem Tauchgang ist Reiner etwas aufgeregt. Würde er ja nie zugeben, aber er wuselt durch’s Schiff. Das Erwachen dann am Morgen bringt zunächst Ernüchterung. Der Himmel ist komplett bedeckt. Seit wir hier sind, scheint ununterbrochen die Sonne. Bis auf heute, alles ist grau in grau. Hilft nichts, gebucht ist gebucht. 

Pünktlich verlässt er das Schiff und schleppt sein ganzen Gedöns zur Tauchbasis. Ebenso pünktlich fährt das leicht marode Tauchschiff mit dem fröhlich winkenden Reiner an mir vorbei. (Na hoffentlich hat er nachher auch noch Hände zum Winken ????) 

Gegen Mittag kämpfen sich die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke und sorgen für gute Unterwasserbeleuchtung. Wäre auch echt ärgerlich gewesen…..

Der Ort des Geschehens ist tatsächlich nur um die Ecke. Auf 10 Metern wirft das Tauchboot Bug- und Heckanker, ein Guide geht voran und bereitet alles vor. Heißt: Um die Gruppe zusammen zu halten, werden in dichtem Abstand Stöcke im Boden verteilt, an denen sich die 

Taucher festhalten können und die im Zweifel auch zur Abwehr benutzt werden können. Eins auf die Mütze hat schon manches Mal geholfen. Die Gruppe muss möglichst geschlossen auf dem Boden hocken, damit die Haie nicht dazwischen gehen. Zwei Guides, sowie einer der Forscher aus dem Labor gehen mit runter. 

Nun wird gewartet. Zunächst lauern die Ammenhaie, die sich in gewohnter Manier dicht über dem Boden aufhalten. Sozusagen zum Eingewöhnen. Die tun nix. Dann kommt der erste Hammerhai. Das wäre wohl der Zeitpunkt für mich gewesen,  nach Hause zu gehen. Die Viecher kommen seeehhhr nahe und werden von einem Guide gefüttert. Der andere sichert nach hinten ab. Gut zu sehen sind bei einigen Tieren die Transponder, die vom Wissenschaftler ausgelesen werden. 

Nach einiger Zeit gesellt sich ein Tigerhai dazu. Die bisher für meine Begriffe schon reichlich großen Ammenhaie, wirken plötzlich auf den Bildern  nur noch wie Spielzeug. Dieser Geselle ist deutlich aufdringlicher, als seine Kollegen. Er hätte gerne die ganze Kiste mit den Fischen, was er dann auch deutlich zu verstehen gibt. 

Die Fotos sind beeindruckend. Einmal muss Reiner den Kopf einziehen, als ein Hai direkt über ihm vorbei schwimmt. Dichter geht es nicht, noch dichter wäre drin. 

5 Stunden später hole ich den frierenden Mann mit seiner Ausrüstung wieder ab. 

„Mann oh Mann, das war ganz schön dicht“, sind dann auch seine ersten Worte. 

( Bilder durch Anklicken vergrößern)

Haiverseuchtes Bimini

Wir leben uns hier ein. Die Lust weiter zu segeln, ist mäßig. 

Eigentlich wollten wir hier nur einklarieren, je länger wir bleiben, desto mehr interessante Sachen  finden wir hier. Der Wind passt eh nicht so optimal, also warum hetzen.

Schon bei der Anfahrt, als ich Delphine beobachte, fällt mir auf, dass man die Tiere schon in unglaublicher Tiefe sichten kann. Das Wasser ist unfassbar klar. Am ersten Abend, traditionell muss ich nicht kochen, sitzen wir direkt am Wasser in der Kneipe, da schwimmt ein Hai ca. 5 Meter an unserem Tisch vorbei. Huch, was macht der denn hier? 

Je länger wir hier sind und uns über die Insel informieren, stellt sich heraus, dass wir in einem riesigen Fischspot gelandet sind. Es gibt Fisch ohne Ende. Der Abschnitt zwischen Florida und den Biminis wird auch als Sushifließband für große Raubfische bezeichnet. Einfach Maul auf und rein. Allen voran, die Haie. 

Hier schwimmen sie alle. Nicht nur die friedlichen Ammenhaie, sondern vielfach die Hammerhaie, gefolgt von Tiger-, Bullen- und Zitronenhaien. Zwischen Januar und April ist die Hochsaison für Hammerhaie. Wir haben Februar. Natürlich gibt es auch jede Menge Tauchschulen, die, man ahnt es schon, Tauchgänge mit Haien anbieten. Na ja, diese Touriveranstaltungen, die ein kleines VermögeUn kosten, braucht ja niemand……

Dummerweise befindet sich direkt in Blickrichtung hinter unserem Heck eine von diesen Tauchschulen. Und Reiner guckt Fotos, die wahrlich beeindruckend sind. Aber nein. 

Ich beobachte den Gatten aus dem Augenwinkel. („ Brackelmann, das arbeitet doch schon wieder in dir drin…“)

Zunächst besuchen wir aber eine Forschungsstation auf der Südinsel und hören uns einen Vortrag über das hiesige Haivorkommen und die derzeitigen Forschungsprojekte an. Wir lernen, dass Hammerhaie sehr schnell gestresst sind und Zitronenhaie für Geburten an ihre Herkunftsorte zurückkehren. Verschiedene Arten werden werden gechipt und mit Transpondern versehen, um die Tiere weiter zu erforschen. Wie ist das Sozialverhalten? Wer spielt mit wem? usw. Die Leitung der Station unterliegt einem Meeresbiologen mit Namen Gruber, der zu den weltweit bekanntesten Haiforschern gehört. 

Dann berichtet der Biologe von den Tauchgängen hier mit den Hammerhaien. Es sei sensationell. Die Tiere würden nicht gestört. Man setzt sich einfach auf den Meeresboden und wartet. Um diese Jahreszeit seien mit 100%tiger Sicherheit ganze Gruppen von Hammerhaien zu sehen. Ein einmaliges Erlebnis…..( Warum hält der Mann nicht den Mund? ????)

Nun ist es um Reiner geschehen. Ja wenn es doch sogar die Wissenschaftler unterstützen! Nachdem er auch noch in der Tauchschule Bilder von Tauchgängen gesehen hat, fährt er rüber und meldet sich an. Hoffen wir, das die Haie am Montag nur wenig gestresst sind.????


Bimini

Am Samstag ist es so weit. Der sintflutartige Dauerregen hört auf und der Ankerplatz wird voll und voller. Es bleibt nicht aus, man rückt uns wieder bis auf 10 m auf die Pelle. Draußen hat der Wind nachgelassen, die letzten dunklen Wolken ignorieren wir und ergreifen die Flucht. Das Ziel ist die Inselgruppe Bimini, etwas weiter südlich auf der anderen Seite des Golfstroms gelegen. 

Der Wind soll aus Südost kommen und weiter nach Süd bis West drehen, dabei aber  schwach werden. Wir wollen probieren nach Süden zu kommen, falls das nicht gelingt, drehen wir einfach um und fahren über die nördlich gelegenen Abacos. 

Es klappt. Hoch am Wind und dicht an der Küste entlang kommen wir gut voran. Bis kurz vor Fort Laudale, dann werden wir ausgebremst. Die Logge geht runter bis auf 3 Knoten Geschwinigkeit. Reiner liegt im Tiefschlaf und ich beschließe jetzt den Kurs zu ändern und im 90 Grad Winkel den Golfsstrom zu queren. Es läuft wieder besser mit 5 Knoten. Kaum hat der Mann ausgeschlafen und ich kann ins Bett wird es wieder zäh. Der Wind, der uns letztes Jahr so gut geholfen hat ist komplett weg und wir motoren etwas mühselig auf die andere Seite. (Gedreht hat er übrigens auch nicht, aber das wundert uns schon nicht mehr..) Was soll’s, gegen Morgen ist es geschafft. 

Belohnt werde ich nach dem Aufstehen mit einer Delphinschule, die am Bug mitschwimmt. Niemals werde ich mich satt sehen können. Warum sind die bloß so niedlich? Die Krönung des Ganzen ist eine Mutter mit kleinem Baby an der Seite. Das Wasser ist so klar, dass man die Tiere schon in großer Tiefe von unten hochkommen sieht. Es ist bessser, als jedes Fernshen. (Leider lässt sich die Angelegenheit nur schlecht filmen, die Sonne steht genau vor uns und noch sehr tief.)

Gegen Mittag sind wir da. Es ist noch Vorsaison und die Marinas daher bezahlbar. Papiere zum Einklarieren werden einem gleich in die Hand gedrückt und nach einer halben Stunde haben wir unsere Stempel für die nächsten 3 Monate im Pass. 

Auf den ersten Blick fühlen wir uns ein bißchen, wie in der Karibik. Bunte Häuser, Rastalocken und Reggiemusik. Angekommen

Noch ein Hinweis in eigener Sache. Unser WordPressprogramm mit dem wir unsere Homepage erstellen, ist komplett „ überarbeitet“ worden. Heißt: Nichts geht mehr so wie vorher, Bilder einzufügen wird zur Katastrophe. Es ist so verschlimmbessert worden, dass kaum einer durchsteigt. ???????? Das Erstellen eines neuen Eintrages geht nach dem Prinzip „trail. and error“ und dauert Stunden. Es geht nicht nur mir so, mehrere Schreiber sind am Fluchen. Sollte also etwas komisch aussehen, sorry.

Wetterküche

Man nehme: Einen großen Kochtopf geeignet für hohen und tiefen Druck, bunte Farben aus dem Tuschkasten, eine handvoll Gribfiles, je nach Belieben etwas Sonne oder Wolken, gut durchrühren und heraus kommt: Ein weißes Kanninchen! 

So werden offensichtlich derzeit die Wettervorhersagen in unserer Region erstellt. 

Wir sind nicht erfroren. Die Nacht ist erträglich, der Morgen danach wie erwartet scheußlich. So viele Schichten habe ich nicht mal Anfang des Jahres in Deutschland übereinander getragen. Heißen Tee gekocht und durch. Die Ausfahrt aus dem Inlet hat es schon mal in sich. Obwohl wir mit ablaufendem Wasser rausfahren, steht schnell eine hohe Welle vor der Tür. Eigentlich habe ich alles gesichert aber, man glaubt es kaum, unsere Besteckschublade fliegt wieder durchs Schiff. Ich schwöre Euch, das war das letzte Mal. ???? Ein echter Konstruktionfehler von Schreibtischtätern. 

Draußen pfeift der Wind. Mehr als vorhergesagt, aber wenigstens aus der richtigen Richtung. Erst beide Segel draußen, rudern wir schnell zurück und haben mit nur halbem Großsegel ( der Wind kommt genau von achtern, so dass die Genua ohne Baum einfällt) dauerhaft um die 7 Knoten auf der Logge. Und es bleibt so. Wir haben ca 155 sm vor uns bis nach Palm Beach. Reiner rechnet schon aus, dass wir bei der Geschwindigkeit im Dunkeln ankommen werden. Bremsen ist schwierig. Am Abend gibt es eine kurze 2-stündige Pause, dann bläst es weiter. 

Kurz nachdem Reiner ins Bett geht, höre ich plötzlich ein gewaltiges Rauschen. Schemenhaft sehe ich von hinten eine riesige Welle anrollen. Gefühlt geht sie bis zur 1. Saling. Zeit für Angst bleibt nicht.Wir werden angehoben und schlittern mit über 9 Knoten schön geradeaus wieder runter. Es passiert – nichts. Der brave Autopilot steuert die Welle schnurgerade aus. Der Segler weiß, dass von diesen Dingern meist drei in Folge kommen. So ist es dann auch. Ich zähle mit. 1-2-3 und Feierabend. 

Der Rest der Strecke verläuft zügig und unspektakulär, allenfalls unkomfortabel. So landen wir dann auch mit einem Etmal von 155 sm morgens in Palm Beach auf dem uns schon bekannten Ankerplatz. Frühstück und ab ins Bett. 

Nun sitzen wir hier und warten auf die nächste Wetterlücke, die je nach Lust und Laune mal erscheint und dann auch wieder nicht. Mal mehr bunt, mal weniger bunt, mal mit viel Regen, mal mit Gewitter zeigen die Wetterkarten alles, was sie zu bieten haben. Gestern Wind aus Ost, dann aus Südost, heute sogar mal aus West für die nächsten Tage. Aber heute Abend kann das schon wieder ganz anders sein. Wir gucken morgen einfach mal aus dem Fenster. What you see is what you get, oder so…..

Reiner‘s Lieblingsbeschäftigung……

Survivaltraining

Ich habe sowas schon mal gemacht. Mit meinen Jugendlichen drei Tage im Harz. Ohne Handyempfang haben wir uns aus Laub und Moos Betten gebaut und unser Essen mussten wir selber tragen. Einer hat vor Hunger angefangen Schnecken zu suchen, um sie über der abendlichen Feuerstelle zu garen, als Toilette dienten ein Klappspaten und Mutter Natur. 

So schlimm wird es nicht kommen. Wir haben zu essen, eine Toilette und ein Bett ohne Tiere. 

Aber es wird kalt werden. Saukalt. 

Das Wetter hier spottet jeder Beschreibung. Wechselhaft und kalt mit zuletzt 24-stündigem Dauerregen. Würde man uns nach dem kältesten von uns besuchten Ort der letzten 3,5 Jahren fragen, würden wir ohne zu überlegen „ Florida“ antworten. Damit muss Schluss sein. Nur 150 sm weiter südlich herrschen ganz andere Temperaturen und die kürzeste Distanz, den Golfstrom zu überqueren. Da wollen wir hin. 

Ab Mittwoch herrscht brauchbarer Nordwind, der mit Glück am Ende der Woche über Süd drehen soll. Soll, sagen die einen. Das amerikanische und das europäische Wettermodell widersprechen sich komplett, wir entscheiden uns für das europäische. (Schließlich haben die auch damals gesagt, dass „Sandy“ über New York ziehen soll.)

Dumm an der ganzen Angelegenheit ist nur, dass wir morgen bei Hochwasser aus der Marina fahren müssen und dann die Nacht vor der Ausfahrt des Inlets warten müssen, um mit dem ersten Büchsenlicht morgens raus auf den Atlantik zu fahren. Und noch dümmer ist, dass es morgen Nacht so um die 3-5 Grad haben soll. Ohne Steckdose für den Heizlüfter. Aber es hilft ja nichts. Die eierlegende Wollmilchsau gibt es zur Zeit nicht. 

Der Überlebensplan sieht einen aufwändig hergestellten Auflauf zum Abendessen vor. Jede Zutat schön einzeln vorgaren damit der Herd ordentlich lange an ist und dann in den Ofen. Weiterhin soll der Lebensraum verkleinert werden ( ja, das geht!) und die Schlafstätte in den lauwarmen Auflaufdunst in den Salon verlegt werden. Alle anderen Türen bleiben geschlossen, alle verfügbaren Decken werden über uns geschichtet. So weit, so gut. Wie ich morgens allerdings in die eiskalten Klamotten kommen soll, weiß ich noch nicht. Vielleicht werde ich sie über den Toaster halten…..????

Ort des Wartens

Tja, was soll ich sagen, bis zu der Stelle mit dem Masseneinkauf im letzten Bericht hat alles gut geklappt. 

Reiner hat das Schiff segeltauglich gemacht und ist bis nach Smyrna Beach vorgefahren. Ich bin reibungslos am Wochenende hier angekommen. Gleich am folgenden Tag fallen wir über Aldi her, einen Tag später ist Walmart dran. Der Einkauf geht deutlich schneller, als letztes Jahr. Frau weiß, was es wo gibt und wie lange es ungefähr haltbar ist. Zack ist die Wasserlinie wieder etwas tiefer gelegt. 

Dann folgt der Blick auf die Wetterkarte. In der letzten Zeit hat der Wind immer regelmäßig brav gedreht. So einen Dreher brauchen wir. Erstmal etwas Wind aus Nord, um noch etwas weiter nach Süden zu kommen, dann irgendetwas anderes, Hauptsache es ist kein „N“ drin. Sollte nicht so schwierig sein. Leider werden die Gesichter lang. Die Lage stabilisiert sich schön. Mit Wind aus Norden. ????

Da dieser Nordwind im aus Süden kommenden Golfstrom eine sehr hässliche Wellle aufbaut, muss der Segler warten. 

Erinnerungen an das letzte Jahr werden wach. Hier haben wir 2,5 Monate gelegen und auf unser 

Getriebeteil gewartet. Das ist doch wohl kein schlechtes Omen? Blöd, dass unsere Cruisinglicence Ende Januar ausläuft. Bis dahin sollten wir das Land verlassen haben, sonst kann es Mecker geben. 

Somit erledigen wir Kleinigkeiten. Ich räume und putze solange wir noch fließendes Wasser in unbegrenzter Menge haben, Reiner dreht hier und da noch eine Schraube fest. Bei einer Riggkontrolle, die eigentlich nebenbei stattfindet, hält er sich ungewöhnlich lange an der linken  unteren Saling auf❓❓❓und entdeckt einen Haarriss am Wantenspanner. Mist. 

9 Tonnen Last hält so ein Wantenspanner und stabilisiert den Mast, hauptsächlich bei Schräglage. Für die Kaffeesegelei in den Bahamas kein Problem, für den vor uns liegenden Atlantik keine Option. Ein Blick bei SVB in Deutschland zeigt, dass das Teil lieferbar ist. Ein Telefonanruf später ist geklärt, dass der „ Maverick XL- Bringdienst“ die Beschaffungsfrage löst. Schwein gehabt. 

Liegt’s am Ort hier? 

Prost Neujahr

Was soll ich sagen. Der Reiner äußert sich nicht, also tue ich es. Dieses mistige 2018 hat ein schlechtes Gewissen. 

Während ich hier noch mit der langen Unterhose sitze, erfolgreich mal eben schnell unser Haus verkaufe und mich mit dem Papierkram rumschlage, erreichen mich aus USA durchweg gute Nachrichten. Fast habe ich das Gefühl, der tut nichts…..????

Alle Systeme laufen wieder. Nicht‘s Neues ist kaputt, mmer noch kein Gammel zu finden. Kleine Instandhaltungsarbeiten verlaufen reibungslos. Immer wenn ich ihn anrufe, sitzt er im Auto und fährt durch die Gegend oder ist wandern. Das gibt’s doch nicht……..

On Top bekomme ich auch noch Fotos vom neuen Großsegel. Es passt perfekt und flutscht beim Einrollen leicht in den Mast. Es ist so perfekt geschnitten, dass das Unterliek nicht aufeinanderliegt und keine Wurst bildet, sondern spiralförmig verschwindet. Was haben wir uns immer geärgert! Bis hierhin können wir „Rolly Tasker“ schon mal uneingeschränkt empfehlen. 

Wenn alles gut läuft, soll das Schiff schon mal ins Wasser und wenn es noch besser läuft, segelt Reiner schon mal ein paar Meilen nach Süden. Der Mann hat ja offensichtlich Zeit! Dann muss nur noch der übliche Masseneinkauf getätigt werden ( den garantiert ich mache, sonst gibt’s die nächsten drei Monate nur Nudeln) und dann ist der Weg frei zu den Bahamas. 

Also wenn 2019 so ist, kann es bleiben. 

In diesem Sinne: Euch allen das gleiche Glück. Möge es anhalten.

Hurra, wir leben noch

 Lang ist‘s her. Viel ist passiert. 

Der Verlust unserer Väter hat unser Leben ziemlich aus der Bahn gerissen und vieles auf den Kopf gestellt. Es gibt Dinge, die man nicht braucht, wenn man so weit von zu Hause entfernt ist. 

Nun versuchen wir wieder in unser Leben zurück zu finden. Und zu diesem gehört das Schiff.

Reiner ist weg. Er ist noch am 15:12: in den Flieger gestiegen und ins Land der großen Freiheit geflogen. Freut sich über ein ungeziefer- und schimmelfreies Schiff, das vollkommen intakt an Ort und Stelle steht. Erleichterung. (Habe ich ihn doch extra vorweg geschickt, damit er eventuelle Viecher töten kann, bevor ich komme und diese im Zweifel mit meinem Bett teilen muss..????) Ich werde entspannt im Januar hinterher fliegen. 

Dann folgt Bahamas, die Zweite. Der erste Versuch ist ja nun reichlich in die Hose gegangen, es gibt einiges, was wir noch nicht gesehen haben und anderes, was wir gerne noch länger gesehen hätten. Weitere Pläne? Abwarten, wir gucken wie es läuft. Im Plänemachen sind wir eh nicht besonders gut. 

Reiner wird sich sicherlich in den nächsten Tagen selber mal melden. Eine Sache muss ich aber doch schon mal berichten. Wenn man so ein echtes Scheißjahr hinter sich hat, ist man um so überraschter, wenn es mal richtig gut läuft. 

Unser Großsegel ist alt und gebeutelt im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist mehrfach geflickt,  neue Bahnen wurden eingesetzt, was den Beutel nicht besser gemacht hat. Am Ende ließ es sich kaum noch richtig im Mast aufrollen. Was schon mal echt bedrohlich werden kann, wenn es bei plötzlich zunehmendem Wind mal schnell weg muss. 

Von vielen Langfahrtseglern haben wir von Rolly Tasker gehört. Ein deutsches Unternehmen, welches in Thailand Segel fertigt, weltweit versendet und dabei auch noch ausgesprochen bezahlbar ist. Nun klingt das erstmal schräg. Wenn da ein Maß nicht stimmt und das Ding am Ende nicht passt, hat man ein Problem. Mal eben schnell nachbessern fällt aus. Aber: Bei allen, mit denen wir gesprochen haben, passte es. Und alle sind zufrieden. Treu der Devise „no Risk no fun“ haben wir das Segel bestellt. Es werden drei Wochen für die Fertigung gerechnet, der Versand soll per Express in die USA direkt in die Werft erfolgen. Wer‘s glaubt…….aber egal, es ist ja noch Zeit. 

Direkt nach der Bootsmesse in Hamburg geht der Auftrag raus. In der ersten Dezemberwoche entdeckt Reiner bei sich eine ältere ungelesene e-Mail in der steht, dass das Segel fertig ist und bezahlt werden möchte ????. Huch! Kurz vor dem Abflug wird das Geld überwiesen und Huch!, vorgestern trifft es in der Werft ein. Keine Zolldiskussion, keine Mehrwertsteuergeschichten, kein kompliziertes Abholen. Wenn es jetzt noch passt, glaube ich daran, dass sich unser Blatt wendet. 

Vielleicht hat 2018 langsam ein schlechtes Gewissen und will es nochmal rausreißen…..????

Balou an Land

Unser Schiff steht an Land. Eine etwas schwierige Geburt, aber nun ist alles gut.

Nachdem ich nach Hause geflogen bin, beginnt für Reiner eine blöde Wartezeit. Die Brunswick Landing Marina macht nach wie vor keine feste Zusage, der Boatyard St. Marys kommt auch nicht so richtig aus dem Quark. Bestätigungsschreiben über unsere Versicherung müssen eingeholt werden und ein passendes Craddel muss besorgt werden. Immerhin soll das Schiff nicht nur auf den einfachen Stützen stehen, sondern bekommt ein richtiges Gestell. Beruhigend. 

Für unsere Versicherung bei Pantenius reicht das auch. Ab 30,5 Grad N sind wir versichert, wir liegen auf 30,7 Grad. Ganz knappes Ding. Aber alle sagen, dass St Marys sicher ist. We hope so. 

Die Werftbesitzer sind etwas chaotisch, aber nett. Ein echter Familienbetrieb. Der älteste Sohn arbeitet schon mit, der Jüngste buddelt in seiner Sandkiste, die sich neben unserem Schiff befindet.  Das Einhalten von Terminen ist ihnen nicht die Wiege gelegt. So kommt es, dass Reiner zwar mit etlichen Verzögerungen an den Kran kommt, die Nacht aber baumelnd in der Luft verbringt, weil plötzlich doch noch irgendein Teil am Gerüst umgebaut werden muss. Der Kran schafft 50 t und hält das Schiff über Nacht auch im Gewitter. 

Offensichtlich wird sich aber um die an Land stehenden Schiffe gekümmert. Morgens und abends geht der Chef eine Runde und behält jedes einzelne im Auge. Er verspricht uns, dass wir uns keine Sorgen machen müssen. Glauben wir ihm. 

Höchst erfreulich sieht unser Unterwasserschiff aus. Jahrelang haben wir Antifouling von „Seajet“ benutzt. Hochgepriesen und sauteuer. Trotzdem hatten wir immer Muscheln und Algenbewuchs unter dem Schiff. In den USA ist Seajet verboten. Wer beim Streichen mit Seajet erwischt wird, zahlt Strafen in 5-stelliger Höhe. Entgegen aller Auskünfte und Warnungen sind wir im letzten Jahr auf „Mircon extra“ umgestiegen. ( Lediglich ein Mitarbeiter von SVB hatte uns grünes Licht gegeben, das neue Antifouling einfach ohne Primer auftragen zu können). Und siehe da: Nach einer Segelsaison sieht das Schiff trotz längerer Liegezeiten aus wie geleckt. Keine Muscheln, keine grünen Algenfransen, nichts blättert ab. Geht doch. 

Nun müssen wir erstmal pausieren. Sehen wir es als verlängerte Hurrikanauszeit, die wir wie viele andere zu Hause verbringen. 

 

 

Brunswick Landing Marina

Nach einer motorgesegelten Nacht erreichen wir die Brunswick Landing Marina in – wer hätte es gedacht – Brunswick. 

Die Stadt entstand 1771 und wurde nach dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg benannt. Ein netter Zufall. Die Marina, in der wir zunächst liegen können bis das Schiff 25 sm weiter in St. Marys an Land geht, macht einen netten Eindruck. Wie eigentlich überall bisher in den USA werden wir sehr nett empfangen. Es gibt tatsächlich durchgehend frisch gezapftes Bier umsonst und an drei Tagen in der Woche sogar Wein. Als Geschenk erhalten wir jeder einen hölzernen Rückenkratzer. ????Das gab’s noch nie. 

Der Gipfel sind allerdings die Waschmaschinen. Echte Hightechgeräte stehen ebenfalls kostenlos zur Verfügung. An den Waschmaschinen sind soviel Knöpfe und Einstellungen möglich, dass ich erstmal mit Lesen beschäftigt bin, bevor ich das Gerät starte. Die bisherigen Einstellungsmöglichkeiten von Waschmaschinen seit Überschreiten der deutschen Grenze belaufen sich auf warm, cold, heavy und regular. Wobei alle Maschinen 30 min laufen und warm ist das Wasser selten. Obacht, hier kann man T-Shirts schrumpfen. Die Wäschetrockner sind ebenfalls so professionell. Ich muss zugeben, dass ich tatsächlich bestimmt 10 Minuten staunend diese Wunderwerke betrachte und mich nicht entscheiden kann, in welche ich jetzt meine Wäsche werfen soll. Alles für lau. ????

Wer jetzt glaubt, dass wir ein Vermögen zahlen, irrt. Der Monatspreis liegt bei 600 U$. Im Vergleich zum kostenlosen Ankern immer noch viel, aber für eine moderne Marina in den USA günstig. ( Und wenn man die Getränke und die Waschmaschinen dazu rechnet, wird es noch besser. Kleinvieh bringt auch Mist ) Schade, dass hier kein Platz zum Bleiben für uns ist. 

Die durch das hohe Aufkommen von Garnelen in den umliegenden Gewässern auch als „ Shrimp Capital of the World“ bezeichnete Stadt, besticht nicht gleich durch übermäßigen Charme. Sie macht eher den Eindruck, als hätte sie ihre besten Jahre bereits hinter sich. Von vorne sind die typisch schnörkeligen Südstaatenhäuser frisch gestrichen, von hinten fallen fast die Fenster raus. Da hat das echte Braunschweig deutlich mehr zu bieten. Dennoch ist alles vorhanden, was der Mensch braucht oder haben möchte. 

Die Sache mit den Shrimps bestätigt sich allerdings gleich beim ersten Landgang. Wir finden ein richtiges Fischgeschäft, in dem die sonst so teuren Garnelen mit Abstand das Günstigste der gesamten Auslage sind und erstehen ein Pfund für 11U$. Mein alter Kollege Hüby würde jetzt sagen:“ Das schmeckt gut im Mund.“

 

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