Rauschefahrt in Richtung Süd

Am Sonntagmorgen um 6.30 Uhr klingelt der Wecker. Es ist noch nicht ganz hell, Außentemperatur -1 Grad.

Bei Minusgraden sind wir noch nie gesegelt. Dementsprechend habe ich auch noch nie soviel Klamotten übereinander gezogen. Im Ergebnis sehen wir aus wie zwei Michellinmännchen, aber es hilft. Uns ist sogar warm. Die Luft ist wunderbar klar. Nachdem sich die Sonne durch den Morgendunst gekämpft hat, liege ich auf dem Deck und finde „Wintersegeln“ eigentlich ganz schön.

Gut, wir haben den Vorteil eine Kuchenbude zu besitzen und neben der Standheizung eine Heizung, die sich mit der Motorwärme betreiben lässt. Unten ist es kuschelig warm.

So motoren wir wie vorhergesehen bei Flaute den Chesapeake in Richtung Ausgang. Der Strom läuft mit und wir sind schon am Mittag an der Durchfahrt zum Atlantik. Der Tag bleibt ruhig und wir tuckern südwärts. Cape Hatteras liegt am Montagmorgen vor uns. Die See ist ruhig. Ca. 1 Stunde vor Erreichen der Spitze, legt plötzlich einer den Schalter um. Von 7 auf 30 Knoten Wind. ???? Was ist das? Der Wind sollte erst am Abend kommen….

In wenigen Minuten wird die See kabbelig. Gott sei Dank kommt der Wind von hinten. Also schnell die Segel raus und weg hier. Mit Segeln sind wir immer schneller bei dem Wind. Wir bekommen eine ungefähre Vorstellung davon, wie das Kap wohl bei anhaltendem Starkwind aussehen muss. Das will man definitiv nicht. Da wir großen Abstand zum Land haben, passiert aber nicht viel. Es wackelt etwas, aber wir kommen auch schnell weiter.

Wie es enden kann, wenn man sich nicht an die Empfehlung, sich weit von der Küste freizuhalten, hält, erleben wir live. Gestern Abend tönt ein “ Mayday Mayday“-Funkruf über UKW. ( Mayday bedeutet, Leib und Leben in Gefahr). Ein Amerikaner ist mit seinem Katamaran dicht an Land aufgelaufen. Er sitzt fest und spricht panisch von brechenden Wellen. Da er nicht weit von uns entfernt ist, verfolgen wir das Gespräch mit der Coastguard. Im Zweifelsfall muss man umkehren und Hilfe leisten. Es ist zwar kein Spaß bei Böen bis 30 kn gegenan zurückzufahren, aber natürlich würden wir das tun. Er kommt aber von alleine wieder frei und kann irgendwie mit beschädigtem Ruder die nächste Marina anlaufen.

Der Wind bleibt. Bis in die Nacht zum Dienstag braucht die Welle, um sich gut zu sortieren. Nachts schimpfe ich noch über rumfliegende Kohlköpfe, sich wie eine Splitterbombe verteilende Erdnüsse im Cockpit und einen blauen Fleck am Hintern, weil ich von der Bank fliege. Gegen Morgen kehrt dann Ruhe ein. Nun rauschen wir stabil mit 7-8 Knoten an der Küste entlang. Das Schiff ist nicht zu bremsen. Da die Wetterlage noch etwas anhalten soll, werden wir wohl noch etwas durchhalten. Konstanter Wind aus Nord mit um die 25 Knoten ist nicht so häufig. Das einzig Lästige an der Angelegenheit ist lediglich, dass die Nächte sehr lang und stockdunkel sind. Ab 17.30 wird es finster, erst gegen 6.30 Uhr taucht wieder Licht auf.

Leider verpassenden wir so aber auch einige schöne Orte, die ich gerne gesehen hätte. Aber wie heißt es immer: Never touch a running system. Kommen wir eben in St. Augustine an. Da ist es auch schön.

2 Kommentare

  1. Marc

    Moin Beate,
    sag wie ist es auf Eurer Rücktour mit dem Strom. Ich meine bei Dir gelesen zu haben, dass Du sagtest auf der Hintour (sprich Richtung Nord) schieb Euch der Strom so super. Gibt es dort verschieden Abstande zur Küste, wo es sich entsprechend anders verhält, oder habt Ihr nun ordentlich Gegenstrom??

    Wir fahren morgen nun zu unser Moen, die gute hat unglaubliche 10 – zehn – Seeventile, welche aus Messing und dem Schiffsbaujahr sind.
    Diese will ich nun ausbauen (puuh) und an einem der folgenden Wochenende durch welche aus Bronze ersetzen ……

    Für Tipps oder auch nur Mut zusprechen bin ich …….

    VG

    Marc

    • Beate

      Hi Marc, sind im Gegenstrom an der Küste entlang. Das geht prima. Der eine hoch, der andere runter.
      Viel „Spaß“ beim basteln

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